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Referat über
Tracht und Frisur

Auszug aus den Richtlinien zur Trachten- und Heimatpflege des Bayerischen Trachtenverbandes e. V.

Das erstrebenswerte Ziel heißt: die lebendige Tracht! Die Pflege der bodenständigen Tracht ist deshalb die allererste Aufgabe eines Trachtenvereins. Dazu gehören die Festtagstrachten in den historischen und erneuerten Formen und die Trachtenbekleidung im Alltag. Die Tracht soll in allen Bestandteilen ihre Echtheit und Sauberkeit aufweisen, in ihrer Gestaltung der guten Sitten der Heimat entsprechen, soweit möglich in Handarbeit hergestellt sein und in einwandfreier, dazupassender Haartracht in Würde getragen werden.
Wir sollen also nicht nur unsere Vereinstracht, die auch Festtracht und Kirchengewand ist, pflegen und erhalten, sondern auch darüber hinaus am Trachtengewand festhalten. Bei einem privaten Dirmdlgwand oder einem Laibl z. B. kann man persönliche Farb und Stoffwünsche einfließen lassen. Natürlich soll man schon an den Richtlinien der Oberpfälzer Tracht festhalten.
Als Gautrachtenwartin komme ich zwangsläufig bei Sitzungen uns Verbandstreffen mit dem Landesverband in Berührung. Da fällt mir immer auf, dass jede ein Dirndlgwand und die Männer ihre Tracht anhaben. Jede Frau und jedes Moidl hat die Haare geflochten oder hochgesteckt, also sauber frisiert.
Bei Gauversammlungen greift dieses Vorbild noch, doch bei Seminaren tragen oft nur die Referenten ihr Trachtengwand.
Wie schaut es in den Vereinen bei Versammlungen aus? Bei der Jahreshauptversammlung tragen alle ihre Vereinstracht, weil man sonst vielleicht nur Landhausmode hat. Und bei den Tanzproben der Erwachsenen und der Jugend sowieso nur Jeans und Co. Bei den Mädchen oft Jeans bauchfrei und Top bauchfrei. Also Alltagskleidung!
Schade, dass wir keine Alltagstracht haben, neben unserer Vereinstracht, die ja nun mal, nicht zuletzt wegen ihrer wertvollen und aufwendigen Verarbeitung, unser Fest- und Kirchengewand ist. So eine Tanzprobe im Dirndlgwand und die Boum in Lederhosen, oder zumindest in einem Leibl und einem weißen Hemd, wirkt ganz anders und hebt es vom Alltag, der Arbeits- und Schulwelt ab. Jeder Fußballer hat auch beim Training sein Fußballdress an und jede Tennisspielerin ihr Tennisröckchen an.
Wenn wir Trachtengwand tragen, sind wir immer richtig angezogen und fallen so (ich hoffe doch) positiv auf. Denn wer anders ausschaut zieht die Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit auf sich. Wir sind nicht nur Trachtler, sondern „leben“ auch Tracht und steigern unsere Glaubwürdigkeit, auch in den eigenen Reihen und vor allem bei unserer Jugend. So leisten wir nebenbei noch Öffentlichkeitsarbeit und vielleicht können wir so den einen oder anderen davon überzeugen, dass Trachtenverein mehr ist, als 2 – 3 mal im Jahr in der Tracht bei der größten Hitze durch den Ort zu latschen.

 

G E S C H I C H T L I C H E S
ZUR HAARTRACHT UND -MODE

Ausser bei Kleiderverordnungen der Obrigkeit, wird meist, so nehme ich an, die vornehme Gesellschaft auf Bildern, Fresken, Kupferstichen und dergleichen beschrieben, weil arme Leute wohl kaum abgebildet wurden. Erst später wurde die Kleidung der ländlichen, ärme-ren Bevölkerung auf Votivtafeln o. ä. dargestellt
Im Mittelalter 1150 – 1550 trug die Frau ihr Haar lang, von unverheiratete Frauen entweder offen oder zu Zöpfen geflochten. Ab dem 13. / 14. Lebensjahr, wenn die jungen Damen verheiratet wurden, wurde das Haar unter verschiedenen Kopfbedeckungen (Gebende und Schleier) verborgen. Manchmal steckten sie die Haare einfach hoch und bedeckten sie mit einer gewöhnlichen Haube.
Der Mann trug sein Haar meist kurz mit verschiedenen Kopfbedeckungen, bevorzugt Gugel, eine am Kragen befestigte Kapuze, aber auch Bundhaube, Stohhüte und Mützen. (Zusammenfassung im Intenet von Schülerinnen im Rahmen eines Unterrichtsprojekts)
Im Buch "Tracht in der Oberpfalz" heißt es zum Frauenhaar, nach graphischen Darstellungen Albrecht Dürers, um 1495: Das Haar ist zu einer elegant aufgesteckten Zopffrisur geformt. Bei der kaiserlichen Kleiderordnung 1530 heißt es u. a., als alles Gold, Silber und Seide dem Bauersmann, Arbeitsleut und Tagelöhner auf dem Lande verboten war: ... allein mögen ihre Töchter und Jungfrauen ein Haarbändlein von Seide tragen.
Im Zeitalter der Spanischen Mode 1550 – 1670 sind in diesem Buch nur Kopfbedeckungen beschrieben. Z. B. vom schmalem spanischen Hut bis zum breitkrempigen Hut aus der Sol-datenkleidung des 30-jährigen Krieges, beim Mann und bei der Frau eine Kopf, bzw. das Haar umschließende Haube unter dem Hut aus Filz und Pelz. Lediglich bei ledigen Mädchen steht, dass sie auch zu diesem Zeitpunkt das kreuz- oder wulstförmige Haarband trugen, für das die bayerische Kleiderordnung von 1604 Seide und Samt ausdrücklich zulässt.
1670 – 1800 (Barock) wird das männliche Haar schon ausführlicher beschrieben. Die Perücke (Zopfperücke) gehört zur rein bürgerlichen Kleidung. Im allgemeinen wird das Haar nicht ganz schulterlang getragen, die Vorderpartie kann dabei in die Stirn gekämmt
oder zurückgestrichen sein, wobei das Haar durch einen Kamm auf dem Wirbel gehalten werden kann. Der Physikatsbericht Parsberg beschreibt für die älteste Trachtenschicht, also etwa um die Zeit um 1800, die Frisur folgendermaßen: "Haar von der Stirn nicht ganz bis in den Nacken geschoren. Vom Hinterhaupt mussten sie die Schultern bedecken." Das Ein-stecken eines Kammes, um das Vorfallen des Haares bei der Arbeit zu verhindern, wird in diesem Funktionsbezug behandelt.

Bei den Frauen wird sehr ausführlich die Rokokohaube (Grundform unserer Bänderhaube), beschrieben und erklärt, es ist auch die Rede vom weißen Kopftuch. Zu den Haaren steht dann: Im allgemeinen tragen die Unverheirateten ihre eigene Haartracht, nähmlich entweder das bloße Haar oder einen Kranz. Im ersteren Fall ist das Haar meist straff aus der Stirn nach rückwärts gekämmt, fast durchwegs in einen Knoten gebunden, der mit eingeflochtenen Bändern geschmückt ist. Soweit zu beobachten sind die Bänder bezeichnenderweise rot. Etwas häufiger ist der Kranz nachzuweisen: zwischen 1701 und 1799 ergeben sich 11 Be-lege. Wo eine genauere Interpretation der Quellen möglich ist, zeigt sich, dass er über dem geschilderten Haarknoten am Hinterkopf getragen wird.
Bei dem Kranz handelt es sich offensichtlich in der weiteren Beschreibung im Buch um das "Kranl", jene spitz-ovalen, mit Perlen, Glassteinen, Metallbouilon und Flitterwerk besetzten, kleinen, etwa 5 – 7 cm hohen, ca. 15 – 20 cm langen, nach oben leicht verjüngenden Reifen, die über dem Haarknoten getragen und oft mit großen Quernadeln festgesteckt wurden.
Jetzt kommen wir zum 19. Jahrhundert, aus dem zum größten Teil unsere Tracht abgeleitet ist, auch in den erneuerten Formen.
Bei der Trachtenbeschreibung um Bruck und Roding liest man: Näheres über die Haartracht der Männer in dieser Landschaft erfahren wir bei Fentsch, der u. a. die Oberpfälzer Volkstracht um 1865 beschrieben hat. Das vom Wirbel aus nach allen Richtungen glatt gestrichene, längs der ganzen Stirnbreite kurz und gerade zugestutzte, an den Schläfen länger herabwallende Haupthaar gibt seinem Kopf noch den mittelalterlichen Zuschnitt. Laut Physikatsbericht trägt der Mann im Bezirk Burglängenfeld die Haare kurz abge-schnitten.
Bei den Frauen werden die verschiedenen Bänderhauben beschrieben. ...Die Haube wird, wie es auch der Burglengenfelder Physikatsbericht beschreibt, auf der Kopfmitte über dem Scheitel in einem Knoten zusammengefassten Haar, getragen. Bei einer kleineren Haube, die in Wiesau getragen wurde, heißt es; diese Haube wurde auf dem Scheitel getragen, ein schmales Gummiband hielt sie hinten und an dem zum Knoten geflochtenen Haar, ein weiteres verlief hinter dem Ohr und unterhalb des Kinns. An anderer Stelle wird von einem Kopftuch gesprochen, dass in der Diagonale zusammengeschlagen, über den Kopf geworfen und hinten gebunden wird, so dass es dem ganzen Haupte sich anschmiegt. Vorne reicht es bis an die Stirne und lässt vom Haare wenig sehen. Im Physikatsbericht von Kemnath ist noch zu lesen: Um den Kopf winden sie große viereckige Tücher von buntem, braunem wollenem Zeuge... Das Haar wird darunter bis zum Hinterhaupt zurückgestrichen, oder am Scheitel in einem Knoten befestigt.
Leider wird sonst das Mädchen- oder Frauenhaar um diese Zeit nicht näher beschrieben, vor allem dann, wenn keine Kopfbedeckung getragen wird. Es lässt sich aber daraus schließen, dass es immer geflochten oder zu einem Knoten am Hinterkopf, auf jedem Fall nach hinten frisiert war.
Dies sind einige Punkte zur Haartracht, die sich bei den Beschreibungen der Kleidung und Tracht finden lassen. So ändert sich die Haarlänge der Männer von kurz im Mittelalter, schulterlang im Barock und wieder kurz im 19. Jahrhundert, während das Frauen- und Mädchenhaar immer lang bleibt. Jedoch ist es immer unter Haube oder Tuch zusammen-gefasst, oder glatt oder geflochten zu einem Knoten frisiert.

Gertraud Kerschner
Trachtenwartin Gauverband Oberpfalz